Du, Roland? Ja. Was ist denn, Bärbel?
Erzählst du mir wieder eine, eine schöne weihnachtliche Geschichte?
Okay, kann ich machen. Die Lichter des Hirten Simon. 2000 Jahre ist es nun schon her, da hütete der Hirte Simon im fernen Land Galiläa die Schafe. Es war ein grauer Tag, schwere Nebel lagen über dem Boden. Der kleine Hirte Simon drängte sich an den großen Jakob, den Oberhirten. Simon war noch jung, erst neun Jahre alt, da sprang ein schneeweißes Lamm herbei.
So eins wie ich.
Ja, so ähnlich. Es blökte ängstlich. Jakob nahm das Lamm und legte es Simon in den Arm. Hier, sagte er, Du darfst unser kleines Lamm halten. Hüte es gut. Simon freute sich und ließ das Lamm nicht aus den Augen. Nachts durfte es sogar unter seinem Mantel schlafen. Das gab beiden Wärme und Zutrauen. Ja, das ist schön. Als Simon einige Male eines Morgens erwachte, stand Jakob vor ihm. Ernst blickte er Simon an und fragte: Wo ist das Lamm? Simon erschrak. Das Lamm hatte doch noch eben neben ihm gelegen. Simon sprang hoch. Er rief nach dem Lamm. Er lockte es. Aber kein vertrautes Blöken kam. Er suchte es überall. Vergeblich.
Es war weg.
Ja, es war weg. Jakob schimpfte. Geschlafen hast du, statt aufzupassen. Wütend schüttelte er Simon an den Schultern. Sofort machst du dich auf den Weg. Aber wage es nicht, ohne das Lamm wiederzukommen, drohte er. Jakob machte sich Sorgen, den Jungen jetzt ganz alleine gehen zu lassen. Deswegen ging er in seine Kammer, holte eine Laterne mit vier Lichtern, die er einst von einem Wanderer bekommen hatte, mit den Worten Sie werden dem im Dunkeln leuchten, der in Not ist. Nun gab Jakob die Laterne an Simon weiter.
Ist das so eine Laterne wie da?
Ja, so ähnlich kannst du dir das vorstellen, Bärbel. Jacobs sagte: Trage den vier Lichtern Sorge, dann werden sie dir auf dem Weg leuchten. Simon nahm also diese Laterne mit den vier Lichtern, und in seinen Händen leuchteten sie auf. Zuversichtlich machte sich Simon auf den Weg, damit sein Lamm zu suchen und zu finden.
Und dann waren sie auf dem Weg.
Richtig. Und auf diesem Weg begegnete er vielen Menschen einem alten Mann, einer einsamen Frau und sogar einem Wolf, der sich an seiner Pfote verletzt hatte.
Und er hat sie nicht gefressen?
Nein, nein. Simon hat ihm sogar geholfen, das Dorn aus seiner Pfote herauszuziehen. Und dem alten Mann und der einsamen Frau und auch dem Wolf hat er jeweils eines seiner Lichter gegeben.
Aber dann hat er nur noch eines gehabt.
Ja, nur noch eines. Überall hat er rumgefragt. Vergeblich. Niemand hatte das Lamm gesehen. Er war ganz entmutigt. Sein letztes von den vier Lichtern leuchtet auch nur noch ganz schwach. So setzt er sich müde an den Wegesrand.
Oh je.
Da hüllte plötzlich ein wundersamer Duft die Umgebung ein. Der Duft von Rosen, Lilien und Mandelblüten. Simon stand auf. Wo kam das her? Auch der fröhliche Gesang. Er schaute sich um. Da entdeckte er ein Licht in einem Stall. Dort ging er hin. Simon konnte kaum etwas erkennen. Aber da schimmerte es dort im Halbdunkeln sein verlorenes Lamm. Heu. Tritt näher, sagte eine freundliche Stimme. Simon war so glücklich. Dann sah er das Kind dort liegen. Es lag auf Stroh, ganz dicht bei seinem schneeweißen Lamm. Simon kniete nieder und schenkte dem Kind sein letztes kleines Licht. Nur noch schwach glühte die Flamme. Doch wie von unsichtbarer Hand entzündet, flammte das Licht auf. Sein Leuchten breitete sich aus und erfüllte den ärmlichen Stall mit festlichem Glanz. Am Himmel strahlten die Sterne heller und heller, und der frohe Gesang klang weit hinaus bis zu dem Hirten auf dem Feld. Oh.