Von Veröffentlicht am Dienstag, 29. September 2020

Herbstzeit – Pilzzeit

„Ejich denk, ejich gie nuch emal in die Schwamma“ sagt der Vater. Mutter hat nichts dagegen aber sagt: Obber gieh nit suweit neina Wald und kumm bald wejider. Vielleicht kenna mr nouchert deine Schwamma gleich ze Ambd essen.“

Maronen, Rotkappen, Steinpilze

Das war im September 1946. Seit zwei Monaten ist der Vater wieder da. Als entlassener Kriegsgefangener (siehe Geschichte „Der Vater“) kam er aus Frankreich heim zu seiner Familie. Nun nimmt er den Korb und geht in den nahen Wald, den er von klein auf kennt.  Fröhlich lachend kommt er zurück und zeigt, was er gefunden hat. Die Mutter kippt die Pilze auf den Küchentisch und sogleich beginnen die Eltern mit dem Putzen. Wir Kinder schauen neugierig zu. Vater erklärt uns die Namen der Pilze: Des is a Maronaröhrling, des a Stapilz, des a Ruutkappn, e poar Rietling hou ich a gfunna. Und des sen Gelberla“.

Im Frankenwald gibt´s Fränkische “Schwamma”…

Mancher Leser mag sich wundern über die seltsamen Pilznamen. Aber das ist so im Dialekt. Und was a richtiger Franke ist, der spricht nicht hochdeutsch, so wie ein Bayer nicht fränkisch spricht. Spräche jemand in einer Wirtshausrunde von Steinpilzen, Reizkern oder Pfifferlingen, würde er Gelächter ernten.

Die Pilze sind geputzt. Nun schneidet die Mutter sie in kleine Scheiben und kippt sie in die Pfanne. Die Gelberla kommen mit einem Ei verrührt in eine andere. Pilzduft breitet sich aus. Bald sitzen wir um den Tisch und genießen, was Vater gesammelt hatte. „Des warn doch vorhin vell merara“ fällt meinem kleinen Bruder auf. Mutter erklärt ihm, dass das Wasser in den Pilzen beim Braten verdunstet. „Noja, nouchert schrumpfen die Schwamma“

… und allerlei Köstlichkeiten mehr

Ach ja. Es gibt ja nicht nur Pilze im Wald, es wachsen dort auch Beeren. Auch da sagt kein Einheimischer Blaubeeren sondern Schwarzbeern. Himbeeren sind Hejibeern und Preiselbeeren nennt man im Frankenwald „Hoellberla“, wobei es regional auch noch Unterschiede gibt. Im Dialekt zu schreiben ist eh eine Gefühlssache, wie man auch bei meinen Geschichten sehen kann. Die Frankenwaldpoeten Otto Knopf aus Helmbrechts und Alfred Völkl aus Naila hatten aber schon in den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts dazu Grundlegendes geschaffen und den Dialekt als kulturellen Teil einer Region gepflegt.